Nicht mehr rauchen: Nutze Dein Gehirn
Ich bin keine Neurowissenschaftlerin, finde das Thema aber für meine Arbeit als Rauchentwöhnungstrainerin sehr interessant. Es ist interessant und hilfreich zu wissen, was da oben in Deinem Kopf vorgeht, wenn Du nicht mehr rauchen willst, gerade im Rauchstopp bist oder schon länger aufgehört hast.
Nicht mehr rauchen: Die Wundermaschine Gehirn
Dein Gehirn ist wirklich eine Wundermaschine. Es besteht, grob gesagt, aus den Teilen: Hirnstamm, Neocortex (Großhirnrinde) und dem limbischen System. Um hier zu verdeutlichen, warum es eine Wundermaschine ist, helfen ein paar Zahlen: Dein Gehirn besitzt etwa 86 Milliarden Nervenzellen. Diese sind jeweils mit bis zu 200.000 Verbindungen miteinander verbunden. Dann kommt man schnell auf die Zahl von etwa 100 Billionen Synapsen, was die Verbindungspunkte an den Zellen sind.
Wichtig für unser Thema „Nicht mehr rauchen“ sind vor allem das limbische System und der Neocortex. Das limbische System ist das emotionale Gehirn. Im Neocortex finden die rationalen Entscheidungen und Überlegungen statt. Und was Besonders ist beim Mensch, den Säugetiere haben auch einen Neocortex und ein limbisches System, ist, dass der Mensch ein Bewusstsein hat: Du kannst Dich beim Denken beobachten. Du weißt, dass Du etwas denkst bzw. fühlst.
Emotionen versus Gefühle
Im Neocortex werden Informationen verarbeitet. Das limbische System ist für Emotionen verantwortlich. Dabei müssen wir zwischen den Begriffen „Emotionen“ und „Gefühlen“ unterscheiden. Emotionen sind körperliche Reaktionen auf Eindrücke, die Du erlebst. Zum Beispiel Tränen, wenn Du einen schönen Film siehst. Gefühle sind die Interpretation dieser Emotionen: Ich weine, weil mich der Film so traurig macht. Ich fühle mich traurig.
Der Körper zeigt Dir, welche Emotionen Du hast – wie zum Beispiel die Tränen, aber auch Magengrummeln bei Angst oder Bluthochdruck bei Ärger. Somit ist der Körper der Kommunikator des limbischen Systems. Der Neocortex dagegen analysiert: Ich ärger mich, weil mein Chef mich nicht versteht.
Das limbische System hat zwei Aufgaben:
- Es bewertet Sinneseindrücke. Du hörst, riechst oder siehst etwas und sofort wird dieser Sinneseindruck vom limbischen System bewertet. Denn, es hat noch eine 2. Aufgabe:
- Die 2. Aufgabe ist, die dazugehörige Emotion zu wecken. Du siehst eine große Spinne in Deinem Zimmer und sofort wird die Situation mit einer körperlichen Reaktion beantwortet – Angst, Ekel, Freude, etc.
Das limbische System kennt viele Emotionen, vor allem negative Emotionen wie Wut, Angst, Ärger, Trauer oder Ekel. Warum ist das so? Weil es Dich in der Vergangenheit vor Gefahren abhalten wollte. So hat die Menschheit überlebt. Aber es ist auch für positive Emotionen zuständig wie die Freude.
Das limbische System: Es merkt sich alles
Wir schauen uns das limbische System nochmal genauer an. Im Gegensatz zur Großhirnrinde reagiert es nicht rational. Es bedient sich all der Emotionen, die das Unterbewusstsein her gibt. Diese kommen aus dem kollektiven Gedächtnis der Menschheit und sind Jahrhunderte alt. Oder es nutzt eine Emotion aus der persönlichen Vergangenheit, die bei einer Situation aufgetreten ist. Nun gab es bei Dir in verschiedenen Situationen immer eine Zigarette: Bei Langeweile, Ärger, Freude, Stress. Limbi hat sich das gemerkt und deswegen reagiert es auch ein wenig ängstlich, wenn Du auf die Idee kommst, nicht mehr rauchen zu wollen. Dann wird Dir direkt ein wenig mulmig, richtig? Das ist die Emotion, die Limbi sendet und Dein Bewusstsein interpretiert es als „Angst vor dem Rauchen aufhören“.
Nicht mehr rauchen: Limbi kann ganz schön zickig sein
Und manchmal reagiert das limbische System gar nicht so, wie wir das gerne hätten. Beispielsweise sendet die Großhirnrinde die Info, dass der Schreibtisch unbedingt aufgeräumt werden müsste. Es gibt 10 gute Gründe, die der Großhirnrinde direkt einfallen, warum Du das unbedingt tun solltest. Aber das limbische System sieht es anders. Es reagiert nicht mit Freude sondern möchte lieber auf dem Sofa rumhängen und Fernsehschauen. Diese Situation kennst Du wahrscheinlich sehr gut!
Doch wie klappt dann der Alltag, der ja aus ganz vielen solchen Aufgaben besteht? In vielen Fällen zwingt man sich zu solchen Aufgaben. Hier spricht man auch von „den inneren Schweinehund“ überwinden. Dafür ist ein großer Wille notwendig und dieser kommt von der Großhirnrinde. Diese Situation kennt jeder: Bist Du erst Mal vom Sofa aufgestanden und hast Dich an den Schreibtisch gesetzt, klappt es ganz gut mit der Aufgabe. Aber dieses Aufstehen – das war schon mühsam. Der Grund dafür liegt darin, dass Du Limbi gezwungen hast, mitzumachen. Nachdem das limbische System gemerkt hat, dass es eigentlich ganz gut ist, aufzuräumen, macht es dann freiwillig mit.
Das limbische System ist zuständig für Dopamin
Das limbische System regelt die Glücksgefühl-Produktion. Und da spielt der Stoff Dopamin ein wichtige Rolle, vor allem, wenn es um die Motivation geht! Vielleicht kennst Du diese Situation. Du möchtest abnehmen, aber hast keine Lust, ins Sportstudio zu gehen. Was hilft? Ein Gedanke an die zukünftige Situation, wie Du in einem schicken Sommerkleid mit einer Top-Figur im Straßencafé sitzt und Dich einfach nur Bombe fühlst. Dieser Gedanke macht, dass Du Deine Sporttasche packst und Dich zum Fitnessstudio bewegst.
Auf dem Weg zur Nichtraucherin solltest Du Dir genau solche Situationen ausmalen. Das ist sehr einfach und Du kannst es überall tun: Wie wirst Du Dich fühlen, wenn Du nicht mehr rauchen wirst, selbstbewusst und mit Energie Deinen Tag als Nichtraucherin verbringst. Male Dir Situationen aus, wo Du Dich ganz klar rauchfrei positionierst!
Wann wird noch Dopamin ausgeschüttet? Wenn Du Dich freust! Und wann freust Du Dich? Es sind so Momente, wie schöne Augenblicke in der Natur, mit Freunden und Familie, bei Konzerten, beim Lesen, etc.
Beim Rauchstopp ist es also wichtig: Schöne Momente zu erleben. Versuche Deinen Alltag bewusst wahrzunehmen und Dir eine Freude zu machen. Eine Klientin schrieb mir, dass sie sich Blumen gekauft hat und sich an diesen erfreut. Wundervoll! Das Freuen ist wichtig, denn wie schon oft erklärt, denn Du musst erst mal künstlich Glücksgefühle produzieren. Das wurde vorher von dem Nikotin übernommen.
Ich müsste eigentlich…nicht mehr rauchen
„Ich müsste eigentlich…“ – kennst Du diesen Satz? Na klar! „Ich müsste eigentlich… mit dem Rauchen aufhören“. Dieser Satz wird von der Großhirnrinde produziert. Es handelt sich um die Auflistung von klaren Fakten: „Ich müsste eigentlich mit dem Rauchen aufhören, denn es es ist ungesund“, „Ich müsste mit dem Rauchen aufhören, denn es stinkt ekelig“, etc. – Du kennst Deine „Fakten“.
Und trotzdem: Du zündest dir eine Zigarette an! Und wenn Du überlegst, dass Du nicht mehr rauchen willst, kommen immer Erinnerungen hoch: Wie schön ist es mit einer Kippe mit Freundinnen zu plaudern, wie schön ist es, die Zigarette nach dem Essen zu rauchen, wie schön ist es, die Zigarette bei einem Glas Wein zu rauchen oder wie toll war der Geburtstag, wo alle beim Rauchen draußen standen und so viel Spaß hatten.
Diese Erinnerungen werden Dich ganz schnell von den harten Fakten ablenken. Und sind es nicht genau diese Momente, die auch immer in der Werbung gezeigt werden: Fröhliche Frauen, die richtig Spaß beim Rauchen haben? Würdest Du Dir sofort eine Pille kaufen, die Dir verspricht, dass Du nur eine Zigarette in solchen Situationen rauchen willst. In allen anderen Situationen, die 90 Prozent Deines Raucherinnen-Daseins ausmachen, hast Du keine Lust auf eine Zigarette. Würdest Du diese Pille kaufen? Na klar! Aber, und das weißt Du ja, gibt es diese Pille nicht:)
Dopamin gegen Schmerzen und für das Glücksgefühl
Wir kommen nochmal zum Dopamin. Dieses wird beim Rauchen erzeugt. Das Nikotin wirkt sich auf das Belohnungszentrum aus und bei jeder Zigarette wird das der Glücksstoff freigesetzt. Die Nikotinsucht-Schmerzen (Entzugserscheinungen) lassen nach, Du entspannst, fühlst Dich gut. Nach 1. Stunde kommen die Entzugserscheinungen wieder. Der Körper braucht Nikotin, wie ein Junkie sein Heroin. Du rauchst, Dopamin wird freigesetzt, Du fühlst Dich gut. Eine Stunde später, dieselbe Geschichte.
Fällt Dir was auf: Um „Suchtschmerzen“ zu mildern, rauchst Du. Die Schmerzen führst Du Dir allerdings selber zu, da Du rauchst – neben den ganzen möglichen Krankheiten, die Du Dir durch das Rauchen auslösen kannst.
Das limbische System leidet beim Rauchstopp
Diese Entzugserscheinungen, dieses Gefühl der Leere, wenn man nicht raucht, findet im limbischen System statt. Wenn es keine Zigarette bekommt, wird das limbische System krank, leicht depressiv und gereizt. Das sind typische Entzugserscheinungen beim Rauchstopp. Doch wie Du gelernt hast, kannst Du das limbische System schnell erfreuen, z.B. durch schöne Dinge oder Aktivitäten. Wichtig ist, wenn Du nicht mehr rauchen willst, dass die Großhirnrinde und das limbische System zusammenarbeiten. Die Großhirnrinde will aufhören, sie kennt die Fakten – aber wie sieht es mit dem limbischen System aus? Das muss in der Regel noch bearbeitet werden, damit die Rauchentwöhnung sich „gut anfühlt“ und Du die Angst davor überwindest!
Limbi lernt schnell und mag es am liebsten rauchfrei
Ich hatte vorhin schon darauf hingewiesen, dass das limbische System sich auf die kollektiven oder auf persönliche Erfahrungen stützt, um Situationen zu bewerten und darauf zu reagieren. Nehmen wir die Situation Rauchen in der Gruppe. Die Gruppe kommt zusammen, alle machen sich eine Zigarette an, nur Du rauchst nicht mehr. Das limbische System hört das Feuerzeug, riecht den Qualm, sieht entspannte Raucher und reagiert: Schnell, mach Dir auch eine an.
Es kennt es nicht anders, es weiß es nicht besser. Aber Du schon, Du hast ja eine Großhirnrinde, die Dir hilft: Nein Limbi, heute nicht. Das ist vorbei, das musst Du jetzt lernen, nicht mehr zu rauchen. Das limbische System lernt schnell. Nach so einer Situation speichert es ab, dass keine Zigaretten mehr in einer Gruppe geraucht werden. Und Du wirst sehen, beim nächsten Gruppentreffen wird es Dir nicht mehr den Impuls geben: Komm, rauche Du auch eine!
wow, das ist ja interessant :-)
Ich rauche nicht mehr beim Autofahren und nicht mehr beim Gassi gehen.
ich dachte immer das sei Gewohnheit, aber Limbi hat es gelernt.
(ist Gewohnheit vielleicht mit Limbi gleich zu setzen?)
sylvia